Sonntag, 21. November 2010

Predigt am 21.November 2010

Offenbarung 21,1-7 – Ewigkeitssonntag, 21.11.2010 – St.Marien Abtswind
AT-Lesung : Jesaja 65,17-25 # Evangelium : Matthäus 25,1-13

Wie geht es weiter? Was kommt auf uns zu? Das sind Fragen, die uns aus verschiedenen Blickrichtungen immer wieder begegnen. Da gibt es die ganz persönlichen Fragen: Wie geht es mit mir weiter und was kommt auf mich zu – mit meiner Gesundheit, mit meinem Arbeitsplatz, mit meiner Lebensplanung. Diese Frage wird je nach Lebensalter und persönlicher Situation unterschiedlich intensiv gestellt. Wer jung ist und einen sicheren Arbeitsplatz hat, der fragt da weniger als jemand in vorgerücktem Alter, mit angeschlagener Gesundheit und einem gefährdetem Arbeitsplatz. Für manch einen steht das Erreichen der Altersgrenze unmittelbar bevor, oder sie ist schon überschritten. Dann schließt sich die Frage an: Und was kommt jetzt? Der einzige dann noch feststehende neue Punkt im Lebenslauf ist der Tod. Spätestens da ist unser Leben von dem „Aus“ bedroht“. – Was kommt auf uns zu? Da hat es vorgestern auf der Bundesstraße 286 bei Schwebheim furchtbar gekracht und drei junge Menschen waren von jetzt auf gleich tot. Auf dem Weg in die Schule waren sie. Und jetzt ist es aus mit ihnen. Ist mit ihrem Tod alles aus? Und was ist jetzt mit ihnen? – Wie geht es weiter? Was kommt auf uns zu? Die Gefahr des Terrorismus ist in unserer globalisierten Welt gewachsen. Unser Bundesinnenminister hat vor ein paar Tagen die Öffentlichkeit infor-miert, dass es am Ende dieses Monats einen Terroranschlag in unserem Land geben könnte. Und wenn das passiert, und jemand von uns oder aus unserem nächsten Umkreis kommt dabei ums Leben kommt? Erschrocken war ich, als ich gestern bei einer Gottesdienstübertragung aus dem Petersdom in Rom sah, dass der Papst beim Einzug in die Kirche rechts und links von je vier Sicherheitsbeamten begleitet und geschützt wurde. – Was kommt auf uns zu? Das müssen wir uns fragen, wenn wir von Wissenschaftlern hören, dass es im Weltall kleine herumschwirrende Himmelkörper gibt, die mit der Erde zusammenstoßen können und dann Sintfluten und andere Naturkatastrophen auslösen. – Das alles sind Bedrohungen unseres Lebens, die wir ernst nehmen müssen. Wir müssen in diesem Zusammenhang das Wort Jesu hören und darin unsere Sorgen einwickeln lassen: „Himmel und Erde werden vergehen.“

In der heutigen Epistel aus dem vorletzten Kapitel der Bibel wird dieses Wort von der Vergänglichkeit aller Dinge durch den Seher Johannes weitergeführt: „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde ist vergangen“ und er gibt das von ihm gehörte göttliche Wort weiter: „Siehe, ich mache alles neu!“ Das war im Grunde genommen nichts Neues. Aus den Worten des Propheten haben wir das ja in der 1.Lesung schon gehört: „Ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken wird.“ Wir wissen, dass trotz aller medizinischer Möglichkeiten unser leibliches Leben irgendwann zu Ende geht. Wir wissen auch von unseren Maschinen und Autos, dass sie trotz aller Inspektionen und Pflege kein ewiges Leben haben. Und wir wissen auch, dass unsere Häuser trotz bester Materialien und hingebender Pflege irgendwann nicht mehr zu nutzen sind.

Das ist die Botschaft Jesu, dass das Reich Gottes mit seinem Kommen in die Menschheit im Verborgenen begonnen hat und dass dieses Reich Gottes erst mit dem Jüngsten Tag zur vollen Entfaltung kommen wird. Und das ist die Aufgabe – die einzige Aufgabe - der Kirche, diese Botschaft zu verbreiten. Erstens, dass die Dinge, die uns so fest und selbstverständlich erscheinen nur eine begrenzte Zeit bestehen, und zweitens, dass Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird. Das gilt für alle – auch für die, die sich sicher fühlen und dauerhaft sagen wollen: „Augenblick verweile, du bist so schön!“. Das gilt für alle – auch für die, die Angst vor Unfall, Krankheit, Sterben, Terrorismus, Krieg und Katastrophen aus dem Weltall haben. Das Wichtigste an dieser neuen Schöpfung ist, dass wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen werden: „Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ Und weil Gott dann bei uns und wir bei Gott in unvorstellbarer Nähe sind, wird es das nicht mehr geben, was in unseren Erdentagen beängstigend und belastend ist: „ Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“

Es gibt außer heute zwei weitere Plätze in der kirchlichen Leseordnung, wo uns diese Gedanken vom himmlischen Jerusalem sinnvoller Weise begegnen. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit ist dieser Text bei Beerdigungen am offenen Grab zu hören. Und es ist die Epistel am Kirchweihfest. Ja, es macht Sinn, sich an einem offenen Grab, nach dem Tod eines Menschen dies neu anzuhören, dass Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen will, in dem es keine Tränen, kein Leid, Geschrei und Schmerzen und keinen Tod mehr geben wird. Wenn man das Leiden und Sterben eines Menschen miterlebt hat, dann ist das ein großes und richtungweisendes Wort unseres Gottes: „Siehe, ich mache alles neu!“

Jesus wurde einmal gefragt, wie das im ewigen Leben sein wird. Seinen Gesprächspartnern ging es darum, ob die Lebensbeziehungen des irdischen Lebens sich in der Ewigkeit fortsetzen werden. Und er gibt ihnen zur Antwort: „In der Auferstehung werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel“ (Mt.22,30). Paulus schreibt zu dieser Frage in 1.Thessalonicher 4,17 als das Entscheidende: „Wir werden bei dem Herrn sein alle Zeit.“ Und der Seher Johannes hörte: „Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ Auferstehung und ewiges Leben ist nicht etwas, das in unserer menschlichen Qualität begründet wäre, sondern es ist allein aufgrund von Gottes Verheißung Inhalt unseres Glaubens und Hoffens. Menschliche Philosophie und Fantasie hat so manche Spekulation hervorgebracht. „Unsterblichkeit der Seele“ – wegen ihrer hohe Qualität, ist so ein Denkmodell, oder die Seelenwanderung, nach der es möglich wäre, dass ich in meinem nächsten Leben ein Tier wäre. Auferstehung und ewiges Leben sind einzig und allein Zusagen und Gaben Gottes.

Außer am Ewigkeitssonntag und bei Beerdigungen hat die Lesung vom himmlischen Jerusalem ihren Platz am Kirchweihfest. Die 22 Jahre, die ich in Gochsheim Pfarrer war, habe ich immer wieder gestaunt über die Inschrift über dem Kircheneingang. Da hat man vor knapp 140 Jahren die Kirche groß erweitert. Damals war sie das mit Abstand größte Gebäude im Dorf, auf das man stolz sein konnte. Aber man meißelte in aller Bescheidenheit über den Haupteingang. „Eine Hütte Gottes bei den Menschen.“ Damit hat man bewusst aus der Kirchweihepistel zitiert, in der die neue aus dem Himmel kommende Stadt als „die Hütte Gottes bei den Menschen“ bezeichnet wird. Sie wussten damals, was alle Christen wissen sollen, dass das Kirchengebäude Gottes „Bodenstation“ ist, die zu nichts anderem gebaut worden ist, als dass in ihr die Beziehung zu Gott praktiziert wird im Hören auf sein Wort, in der Feier seines Mahls, im Lobgesang seiner Herrlichkeit und im Gebet. Hier, in der Kirche – egal ob das St.Michael in Gochsheim oder St.Marien in Abtswind ist – ist die Stelle, wo man sich mit Öl bevorraten kann, um es im Bild des heutigen Evangeliums zu sagen. Hier werden wir durch die biblische Botschaft mit Gottes Gedanken vertraut gemacht und im Heiligen Mahl in die Gemeinschaft mit Jesus und seiner Ewigkeit immer neu eingebunden. Hier haben unsere Verstorbenen das Wort Jesu gehört: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.“ Hier haben sie sich bekannt zu Gott, dem Allmächtigen, zu Jesus Christus, unserm Herr für Zeit und Ewigkeit und zur Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben. Heute denken wir an unsere Verstorbenen. Nur der ganz Verblendete denkt dabei nicht an die Begrenztheit seines Lebens und sein Sterben-Müssen. Jesus erinnert uns im heutigen Evangelium, rechtzeitig uns auf die Begegnung mit ihm vorzubereiten, denn die kommt auf jeden Fall auf uns zu. So geht es weiter!

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